Endlager Konrad: Baustellen an der Tagesoberfläche
04.05.2022 Bericht
Das Endlager Konrad soll Platz für bis zu 303.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle bieten. Damit wird ein zentraler Baustein für den Atomausstieg vollendet. Der eigentliche Endlagerbereich im Schacht Konrad entsteht in einer Tiefe von 800 bis 850 Metern unter der Tagesoberfläche.
Damit die Behälter mit den radioaktiven Abfällen dorthin gelangen können, werden für den Betrieb des Endlagers auch zahlreiche Einrichtungen über Tage benötigt. Von diesen wurden bereits einige errichtet. Andere befinden sich noch im Bau, in der Vergabe oder warten darauf, dass notwendige Vorarbeiten, wie die abschließende Genehmigung, beendet werden. Dennoch lohnt sich bereits jetzt eine kleine Rundreise zu den Baustellen über Tage rund um Konrad 1 und Konrad 2.
Die Förderanlagen
Zu den wichtigsten Einrichtungen jedes Bergwerks gehören die Schächte mit ihren Fördereinrichtungen. Hierüber gelangt alles, was unter Tage benötigt wird, an seinen Bestimmungsort. Auch die Bergleute erreichen so ihre Arbeitsbereiche und die unter Tage gewonnenen Rohstoffe, beispielsweise Kohle, Erz oder Salz, transportieren die Förderanlagen nach oben. Elementar ist die Versorgung des Bergwerks mit frischer Luft, denn in den Tiefen des Gesteines gibt es keinen Sauerstoff. Dieser gelangt üblicherweise über einen Schacht ins Bergwerk. Die verbrauchte Luft strömt über einen zweiten Schacht ins Freie. Ein oder mehrere große Lüfter unterstützen diesen Prozess – je nach Größe des Bergwerks und der benötigten Menge an frischer Luft.
Das Endlager Konrad wird über vier Fördereinrichtungen zwischen Tagesoberfläche und dem Bergwerk in der Tiefe versorgt. Zwei davon befinden sich im Schacht Konrad 1, zwei weitere im Schacht Konrad 2. Die Anlagen wurden für unterschiedliche Nutzungszwecke entworfen. Über die Förderanlage im Schacht 2 werden später die Behälter mit den radioaktiven Abfällen ins Endlager transportiert. Personen fahren über den Schacht 1 ins Endlagerbergwerk ein. Über diesen befördern die Bergleute auch alle anderen benötigten Gerätschaften und Materialien nach unter Tage. Anfallendes Gestein, das unter Tage nicht weiter verwertet werden kann, gelangt später ebenfalls über eine der Förderanlagen im Schacht Konrad 1 nach über Tage.
Schachtanlage Konrad 1
Im Schacht 1 wurde die südliche Fördereinrichtung bereits vollständig erneuert. Sie hat im Frühjahr 2018 ihren Betrieb aufgenommen. Alle Einbauten der alten Anlage mussten entfernt werden, beispielsweise die Führungsschienen für den Förderkorb, im Bergbau Spurlatten genannt. An diesen gleitet der Korb aufwärts oder abwärts wie eine Bahn auf Schienen. Das Förderseil dient dabei als Antrieb und zieht teils tonnenschwere Lasten. Die Bergleute sprechen daher auch von „fahren“, sie fahren also ins Bergwerk ein und wieder aus. Der Förderkorb erreicht dabei je nach Anlage eine Geschwindigkeit von bis zu zehn Metern pro Sekunde – das entspricht 36 Kilometer pro Stunde.
Während der gesamten Bauzeit der neuen südlichen Förderanlage musste die nördliche Anlage das Bergwerk versorgen. Um Gefahren für die Bergleute zu vermeiden, konnten die Arbeiten im Schacht nur dann stattfinden, wenn kein Förderkorb unterwegs war. Inzwischen ist es umgekehrt: Die südliche Förderanlage versorgt das Bergwerk mit Personal, Material und Gerätschaften und die alte Anlage auf der Nordseite wird erneuert. Bis zur Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlage wird es mehrere Jahre dauern. Die alte Fördermaschine und die Maschinenhalle wurden bereits abgerissen und verschrottet. Bergleute haben bereits die alten Einbauten im Schacht entfernt und das Schachtmauerwerk saniert. Die neue Maschinenhalle ist fast fertig, allerdings fehlt noch die Fördermaschine. Sie wird aktuell errichtet. Funktionieren wird das aber alles erst, wenn das sogenannte Führungsgerüst gewechselt und die Seile aufgelegt wurden. Der Förderbetrieb soll 2025 beginnen.
Auf der Schachtanlage Konrad 1 entstehen die Gebäude für die Verwaltung und für die Versorgung des Bergwerks. Hier wird später nicht mit Behältern mit radioaktiven Abfällen gearbeitet. Daher müssen die Gebäude auch nicht die besonders strengen Anforderungen für den radiologischen Kontrollbereich erfüllen. Ein solcher Kontrollbereich ist so abgegrenzt und messtechnisch ausgestattet, dass zuverlässig die Einhaltung aller radiologischen Grenzwerte sichergestellt wird.
Verwaltungs- und Sozialgebäude
Beim Verwaltungs- und Sozialgebäude handelt es sich um ein Mehrzweckgebäude, das aus zwei Gebäudeteilen besteht. Während der erste Teil bereits im Frühjahr 2019 in Betrieb genommen wurde, dauerte die Errichtung des zweiten Teils noch bis in die zweite Jahreshälfte 2020. Ziel bei der Umsetzung der Baumaßnahme war ein reibungsloser und vor allem fortlaufender Betrieb ohne Unterbrechungen. Deshalb wurde ein Teil der alten Baracken zunächst erhalten, bis der erste Gebäudeteil bezugsfertig war. Nach dem Umzug konnten die Altgebäude zurückgebaut und die Abbruchmaterialien fachgerecht entsorgt werden. Danach folgte der zweite Gebäudeteil.
Das Verwaltungs- und Sozialgebäude besteht zur Hälfte aus einem zweigeschossigen Bürobereich. Er beherbergt die Werks- und Betriebsleitung sowie Geolog*innen, Bergingenieur*innen und –techniker*innen, Arbeits- und Objektsicherheit sowie die Zentrale Warte. Die Zentrale Warte ist als neue Betriebseinheit hinzugekommen und hat 2021 ihre Arbeit aufgenommen. Sie bildet die zentrale Steuerungszentrale für den späteren Endlagerbetrieb. Von hier aus lassen sich alle Prozesse unter und über Tage überwachen und steuern.
In der zweiten Hälfte des Gebäudes befindet sich die sogenannte Kaue. Sie bezeichnet im Bergbau den Wasch- und Umkleidebereich. Heute werden diese Bereiche als getrennte Umkleidezonen für die sauberen Sachen, mit denen die Arbeitenden zur Arbeit kommen, und einer Zone für die teilweise schmutzige Arbeitskleidung genutzt. Dazwischen liegen die Waschräume. Auf diese Art und Weise wird der saubere Umkleidebereich nur wenig verschmutzt. Die Bergleute bezeichnen die Bereiche als Schwarz- beziehungsweise Weißkaue. Daneben befinden sich in diesem Bereich die Betriebswäscherei, die Wartung der Sauerstoffselbstretter und Lampen sowie der Sanitätsraum.
Zwischen dem Kauenbereich und der Schachthalle liegen die Räume der Grubenwehr samt Garage und Materialraum. Die Grubenwehr ist die werkseigene Feuerwehr für den Einsatz unter Tage. Sie setzt sich aus speziell ausgebildeten Mitarbeiter*innen zusammen. Im normalen Betriebsablauf gehören sie zu verschiedenen Abteilungen und werden für ihre regelmäßigen Übungen und Ausbildungseinheiten freigestellt. So wird sichergestellt, dass in jeder Arbeitsschicht ausgebildete Einsatz- und Rettungskräfte im Bergwerk verfügbar sind. Bei einem Einsatz können Einsatzkräfte von über Tage die Grubenwehr unterstützen.
Materialwirtschaftsgebäude
Im Nord-Osten der Schachtanlage Konrad 1 ist ein Gebäude für die Lagerwirtschaft entstanden. Neben diversen Lagerflächen beherbergt es auch das Bohrkernlager. Hier liegen aus verschiedenen Bereichen des Bergwerks gewonnene Gesteinsproben als runde Bohrkernstränge mit rund zehn Zentimetern Durchmesser in entsprechenden Lagerbehältern. Mit der Fertigstellung des Materialwirtschaftsgebäudes konnten die Bohrkerne aus einem Lagerbereich von unter Tage umgesiedelt werden. Dieser Bereich wurde anschließend zurückgebaut und mit stabilisierendem Versatzstoff verfüllt.
Die Werkstatt
Nördlich des Förderturms entsteht seit 2021 der neue Gebäudekomplex der Werkstätten. Dazu wurde im ersten Schritt eine vorrübergehende Werkstatt in einer etwas kleineren Halle errichtet. Die Zelt- und Containeranlage dient für die Bauzeit der eigentlichen Werkstatt als Zwischenlösung für die Schlosser*innen, Mechatroniker*innen und Elektriker*innen. Nachdem die alte Werkstatthalle abgerissen wurde, wird die neue Werkstatt derzeit errichtet.
Schachtanlage Konrad 2
Auf der Schachtanlage Konrad 2 wird es noch etwas dauern, bis die neue Förderanlage gebaut werden kann. Seit dem Abriss der alten Anlage im Jahr 2007 und dem Aufbau einer sogenannten Teufanlage – das ist eine Fördereinrichtung mit sehr kleinem Korb – finden zahlreiche Arbeiten in der Schachtröhre statt. Hier sind zum Beispiel die alten Einbauten entfernt worden und das Schachtmauerwerk wurde kontrolliert und wo nötig instandgesetzt. Mit einer Arbeitsplattform im Schacht haben die Bergleute den Durchmesser des Schachtes zwischen 840 und 875 Metern Tiefe von 7 auf mehr als 9,4 Meter vergrößert.
Von der Plattform aus erledigten sie auch die Arbeiten zum Ausbau des Anschlusses ins Endlager, dem sogenannten Füllort. Hier entsteht später die Umladestation für die Abfallbehälter unter Tage. Erst wenn alle Arbeiten im Schacht abgeschlossen sind, kann der Bau der neuen Förderanlage beginnen. Der Auftrag dazu wurde bereits erteilt. Vom Fortschritt all dieser Arbeiten hängt am Ende auch die Fertigstellung des gesamten Endlagers ab.
Zuletzt wurde die alte Schachthalle samt der Fördereinrichtung abgebaut und Anfang 2022 durch ein temporäres Fördergerüst ersetzt, mit dem die Schachtarbeiten weitergehen können. Der Abriss ist eine notwendige Vorbereitung, um den Bau des neuen Förderturms zu ermöglichen.
In den zurückliegenden Jahren hat sich gezeigt, dass zum Erreichen der festgelegten Sicherheitsziele ein deutlich höherer planerischer und genehmigungsrechtlicher Aufwand notwendig ist, als er in den ersten Planungen angesetzt war.
Im Bereich des Endlagerbaus wird viel Neuland betreten, da nicht nur die Maßstäbe des Bergbaus gelten, sondern auch die deutlich höheren Sicherheitsanforderungen aus dem Atomrecht. Und Sicherheit ist bei allen Belangen des Endlagers Konrad das oberste Gebot, schließlich geht es um den Schutz von Bevölkerung und Mitarbeitenden sowie der Umwelt vor den Gefahren radioaktiver Stoffe.
Auf der Schachtanlage Konrad 2 entstehen die Gebäude des Endlagers. Ein großer Teil der Bauwerke und Einrichtungen wird für den Betrieb als radiologischer Kontrollbereich nach den Bedingungen der Strahlenschutzverordnung ausgelegt.
Das Lüftergebäude
Die Arbeiten im Bergwerk mit den Bereichen des Endlagers unter Tage erfordern permanent eine große Menge an frischer Luft. Jede Person und jede Verbrennungsmaschine unter Tage braucht Sauerstoff. Aus diesem Grund pumpt eine Lüftungsanlage permanent Luft durch das Bergwerk. Derzeit erledigen das mehrere große Lüfter auf drei Ebenen unter Tage. Sie stehen unmittelbar am Schacht Konrad 2 und saugen Luft an. Durch den dabei entstehenden Sog strömt frische Luft über den Schacht Konrad 1 nach und verteilt sich im gesamten Bergwerk.
Die Bewetterungsleistung liegt bei rund 13.000 Kubikmeter pro Minute. Das reicht, um in allen Arbeitsbereichen genügend Luft zur Verfügung zu haben. Außerdem wird ein Teil der natürlichen Wärme unter Tage abgeführt. Die Temperatur an den Baustellen unter Tage beträgt dennoch teilweise mehr als 35 Grad Celsius. Bei abgeschalteten Lüftern würde aufgrund des natürlichen Luftzuges etwa eine Menge von 1.000 Kubikmeter pro Minute durch das Bergwerk strömen. Das wäre zum regulären Arbeiten deutlich zu wenig.
Für den späteren Endlagerbetrieb wird die gesamte Luftversorgung neu aufgebaut. Ein großer Lüfter übernimmt dann die Arbeit. Dieser steht über Tage in einem separaten Gebäude, dem Lüftergebäude. Damit die Luft dann ungehindert über Schacht Konrad 2 ins Freie gelangen kann, wird diese etwa zehn Meter unter der Tagesoberfläche vom Schacht abgezweigt und über einen Abluftkamin (Diffusor) abgeleitet. Zu diesem Zweck entsteht in kurzer Entfernung neben dem Schacht ein kleiner Schlot. Im zukünftigen Endlager wird die Bewetterungsmenge 20.000 Kubikmeter pro Minute betragen.
Umladehalle und Pufferhalle
Die Umladehalle mit angeschlossener Pufferhalle ist neben dem Förderturm und dem Qualifizieren der Schächte für Ihre Anforderungen an einen Endlagerbetriebdas zeitaufwendigste Bauwerk. Es wird am Ende 140 Meter lang sein. Damit stellt die Umladehalle das größte der zu errichtenden Gebäude dar. Hier läuft derzeit das Vergabeverfahren für den Bau. Später kommen an diesem zentralen Ort über Tage die Abfallbehälter an. Anschließend durchlaufen sie mehreren Mess- und Prüfprozeduren. Für den Schutz der Beschäftigten stellt der betriebliche Strahlenschutzes sicher, dass die Behälter vollständig in Ordnung sind. Bereits vor dem Transport zum Endlager hat eine umfangreiche Prüfung während der Produktkontrolle stattgefunden. Sie stellt sicher, dass alle Behälter mit radioaktiven Abfällen die Bedingungen für die Einlagerung im Endlager Konrad erfüllen.
Da der Arbeitsbereich in der Umladehalle später als radiologischer Kontrollbereich eingerichtet werden muss, werden dafür ausgelegte Sozialräume benötigt. Konkret heißt das, dass etwa eine Sicherheitsschleuse zwischen den Umkleideräumen und dem Arbeitsbereich eingebaut wird. Die Mitarbeitenden dürfen den Kontrollbereich erst verlassen, wenn sichergestellt ist, dass sie keinerlei radioaktive Teilchen an Schuhen, Kleidung oder Handflächen mit sich tragen. Eine solche Verschmutzung heißt Kontamination und der Messvorgang zur Überprüfung nennt sich Freimessen.
An die Umladehalle angrenzend entsteht eine kleine Pufferhalle. Hier können bei betrieblichen Arbeiten, etwa dem Wechsel eines Seils an der Fördermaschine oder bei betrieblichen Störungen, mehr als 100 Behälter abgestellt werden. Weitere Anbauten entstehen für die Be- und Entlüftung sowie für die Heizung der Hallen- und der Sozialräume. Darüber hinaus wird noch ein Besucherbereich mit abgeschirmten Glasflächen gebaut. Hier können sich später alle Interessierten ein Bild von den Betriebsabläufen in der Umladehalle machen. Mitarbeiter*innen der BGE begleiten sie dabei und erläutern die Betriebsabläufe.
Der Betriebshof
Auf dem Gelände von Schacht Konrad 2 entstehen derzeit Werkstattbereiche und Lagergebäude für die Versorgung des Endlagers sowie ein Lokschuppen für die werkseigene Lokomotive. Sie übernimmt später die Güterwagen am Werkstor und bringt diese in die Umladehalle. In den Lagerbereichen wird unter anderem eine Förderanlage für die Notfallrettung bereitgehalten. Im Werkstattbereich arbeiten später Betriebsschlosser und –elektriker. Sie sorgen für einen störungsfreien Ablauf der Anlagen.