Unter Kontrolle

Endlager Konrad

von Alexandra Endres Artikel

Schwach- und mittelradioaktive Abfälle sollen bald im Endlager Konrad endgelagert werden. Dafür muss ihre Verpackung besonderen Anforderungen genügen. Ob sie endlagerfähig sind, entscheidet die BGE-Produktkontrolle.

Der Platz im Endlager Konrad ist begrenzt. Bis zu 303 000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle sollen hier in nicht allzu ferner Zukunft tief unter der Erde endgelagert werden. Zu einem großen Teil handelt es sich dabei um strahlende Überbleibsel aus dem Betrieb von Kernkraftwerken wie Lappen, Pumpen, Rohre, Schutzkleidung, Filter, verstrahltes Abbruchmaterial oder Werkzeuge. Ein anderer Teil der Abfälle kommt aus Medizin, Forschung und Industrie.

Sie alle eint eine Eigenschaft: Anders als hochradioaktiver Müll geben die Abfälle, die im Endlager Konrad gelagert werden sollen, kaum Zerfallswärme ab. Die Energie, die sie noch abstrahlen, darf die Temperaturverhältnisse unter Tage somit nur unwesentlich beeinflussen. Rechtlich ist der Grenzwert genau festgelegt: Die Abfälle, die in Konrad endgelagert werden, dürfen die Temperatur des umgebenden Wirtsgesteins im Bergwerk im Mittel nicht um mehr als drei Grad erhöhen.

Aufwändiger Ausbau

Der Ausbau des ehemaligen Eisenerzbergwerkes im niedersächsischen Salzgitter ist aufwendig. Schließlich soll es höchsten Sicherheitsanforderungen genügen. Umweltschutzverbände wie der BUND befürchten, dass radioaktive Substanzen aus dem Endlager ins Grundwasser gelangen könnten. Doch aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass in den kommenden 300 000 Jahren nicht mit einer Freisetzung von Substanzen in die Biosphäre zu rechnen ist.

Im Jahr 2027 soll das Endlager in Betrieb gehen. Um eingelagert werden zu können, müssen die Abfälle dann „endlagerfähig“ sein – ob sie das sind, entscheidet die Produktkontrolle der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). Die wichtigsten Kriterien: die Stabilität der Behälter und die Zusammensetzung der Abfälle. Die Container, in denen die Abfälle eingelagert werden, müssen eine bestimmte Größe haben, nicht zu groß und nicht zu klein. Sie müssen zum Strahlungsverhalten, der chemischen Zusammensetzung der Abfälle und ihrer Größe passen.

Ein Endlager im tiefen Gestein ist sicherer als jedes oberirdische Zwischenlager

Abfallkonditionierung

Ein Leuchtkasten zeigt einer Grafik mit Einlagerungsstufen unter der Erde. Davor steht ein Mann mit weißem Helm und zeigt mit einem Finger auf die Grafik.
Der Geologe Christian Islinger ist Mitarbeiter der Infostelle Konrad. Unter Tage zeigt er, wo der radioaktive Abfall später eingelagert werden soll

Vor der Entscheidung durchlaufen die radioaktiven Stoffe ein Prüfverfahren. „Die Verursacher, das sind zum Beispiel die Energieversorgungsunternehmen, müssen schon vorab darlegen, wie sie ihre Abfälle endlagerfähig konditionieren möchten, damit das Gebinde später den Anforderungen genügt“, sagt Monika Kreienmeyer, Bereichsleiterin Produktkontrolle bei der BGE in Peine. „Wir prüfen ihre Anträge dann auf der Basis von Prüfberichten, die externe Sachverständigenorganisationen wie etwa der TÜV Süd für uns erstellen. Wenn sie alle Anforderungen erfüllen, genehmigen wir das Verfahren.“

Dann werden die Abfälle konditioniert. Je nachdem, um welche Stoffe es sich dabei handelt, werden sie verpresst, eingeschmolzen oder verbrannt. Am Ende landet alles in Behältern, die ihrerseits in graue Container verpackt und dann mit Beton ausgegossen werden. Für jede Art des Abfalls gibt es einen passenden Container. Erst die richtige Kombination aus Abfall und Behältnis bringt Sicherheit.

Die Schritte werden wieder von Sachverständigen und den Aufsichtsbehörden der Länder begleitet und dokumentiert. Je weniger das Verfahren erprobt sei, umso genauer schauten sie hin, sagt Kreienmeyer. Am Ende prüft die BGE erneut sämtliche Unterlagen zur Strahlungsintensität der Abfälle. „Und erst wenn alles in Ordnung ist und tatsächlich den Anforderungen genügt, dann erstellen wir einen Bescheid, in dem bestätigt wird: Dieses Gebinde ist endlagerfähig für das Endlager Konrad.“

In manchen Zwischenlagern ist der schwach- und mittelradioaktive Abfall bereits „konradgängig“ verpackt, in anderen nicht. Im AZU 1 in Unterweser beispielsweise lagert Atommüll, der noch konditioniert werden muss. Wie lange er dort bleibt, hängt davon ab, wann Konrad in Betrieb geht. Spätestens drei Jahre nach Inbetriebnahme des Endlagers läuft die Genehmigung für das AZU 1 aus. Drei Jahre, um die Fässer zu konditionieren und abzutransportieren: Das ist wenig Zeit.

Denn die Abfälle können erst dann in Konrad eingelagert werden, wenn dort ein passender Platz verfügbar ist. Das ist nicht einfach. Weil auch unter Tage gewisse Anforderungen an die Reihenfolge der Gebinde gestellt werden, können Behälter nicht beliebig hintereinander ins Bergwerk gebracht werden. „Auch kann es logistisch günstiger sein, gleichartige Container hintereinander einzulagern und nicht so oft zu wechseln“, sagt BGE-Fachfrau Kreienmeyer. So stellt die BGE unter Tage Sicherheit und Ordnung her.

Zugleich soll die Endlagerung der Abfälle im Schacht Konrad möglichst zügig erfolgen. Doch Sicherheit und Ordnung mit Schnelligkeit unter einen Hut zu bringen, ist eine Herausforderung. Um die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle möglichst schnell aus ihren Zwischenlagern zu holen, plant die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung, die Abfälle aus dem ganzen Bundesgebiet zunächst in ein Logistikzentrum nach Würgassen zu holen und dort zu sortieren.


Das Logistikzentrum Konrad

Dass das Endlager Konrad auch ohne Logistikzentrum betrieben werden könnte, daran hatte auch das Bundesumweltministerium (BMUV) zunächst keine Zweifel. Sonst hätte das Umweltministerium in Niedersachsen den Planfeststellungsbeschluss nicht in dieser Form erlassen dürfen. Vielmehr solle das Logistikzentrum einen Beitrag dazu leisten, die bestehenden Zwischenlager schneller zu räumen und die Abfallgebinde schneller in das Endlager Konrad zu bringen, sagt ein Sprecher des BMUV. Aufgrund von Protesten in der Region hat das BMUV bereits im Frühjahr 2022 bekannt gegeben, dass es die Standortauswahl für das Logistikzentrum Konrad noch einmal prüfen und bewerten werde. Dabei wird es auch ein Gutachten im Auftrag der Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen berücksichtigen, das zu dem Schluss kommt, das Logistikzentrum sei nicht nötig.

Sollte das Logistikzentrum Konrad nicht verwirklicht werden, kann die BGE die Abfälle dennoch sicher einlagern. Dafür hat sie eine Software zur Einlagerungsplanung entwickelt, mit der sich der Abruf der Abfälle auch aus den einzelnen Zwischenlagern realisieren lässt.

„Die Anlage ist nicht unverzichtbar“, sagt auch Michael Hoffmann, Bereichsleiter Betrieb bei der BGZ. „Aber sie ermöglicht einen zügigen Einlagerungsbetrieb und dadurch eine höhere Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger.“ Denn eine Endlagerung in tiefengeologischen Gesteinsschichten biete mehr Schutz als die Zwischenlagerung in durch Schutzwände, Zäune und Wachpersonal gesicherten Anlagen.


Die Autorin

Alexandra Endres ist freie Journalistin mit einem Schwerpunkt auf Klima, Energie und Umwelt.


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