Lars Klingbeil

Lars Klingbeil, 47, direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis Rotenburg I – Heidekreis, ist SPD-Vorsitzender, Vizekanzler und Finanzminister. Der Politiker setzt sich seit 2015 für den Ausbau einer Bahnstrecke anstelle eines Neubaus ein.

Sie setzen sich für den Ausbau der Bahn ein. Trotzdem haben Sie den Bau einer neuen ICE-Strecke vorläufig verhindert. Warum?
Seit vielen Jahren wird über den Bahnausbau zwischen Hamburg und Hannover diskutiert. 2015 hat sich eine klare Mehrheit des Dialogforums Schiene Nord unter Beteiligung der betroffenen Kommunen und Bürgerinitiativen, Umwelt- und Verkehrsverbände sowie der Deutschen Bahn für den Ausbau der Bestandsstrecken ausgesprochen. Als Abgeordneter habe ich mich dazu verpflichtet, diesen Konsens umzusetzen. Ich habe allerdings immer wieder erlebt, dass die Menschen unserer Region sich nicht ernst genommen gefühlt haben, weil dieser Kompromiss vonseiten der Bahn wieder infrage gestellt worden ist.

Wie lässt sich der Konflikt zwischen gesamtgesellschaftlicher Notwendigkeit und lokalen Interessen lösen?
Wir müssen im Dialog einen breit getragenen Kompromiss finden. 2015 ist das gelungen. 2023 haben das Bundesverkehrsministerium und die Landesregierung Niedersachsen dann vorgeschlagen, den Modernisierungsbedarf der Strecke unter Beteiligung der Öffentlichkeit neu zu ermitteln. Den Vorschlag unterstütze ich. Meine Region will sich weiter daran beteiligen, eine Lösung zu finden.

Welche Rolle spielt Vertrauen in Wissenschaft und Politik bei der Standortsuche? 
Eine ganz zentrale: Wenn nämlich Erwartungen enttäuscht oder Versprechen gebrochen werden, untergräbt das das Vertrauen in politische Entscheidungen und in demokratische Institutionen insgesamt. Deshalb ist es entscheidend, die Menschen vor Ort frühzeitig in den Prozess einzubeziehen. Geregelte Planungsverfahren binden eine Vielzahl an Expertinnen und Experten sowie Beteiligte ein. Am Ende ist es aber eine politische Entscheidung, wie und wo beispielsweise die Bahnstrecke verläuft.