Ranga Yogeshwar

Köln

Ranga Yogeshwar, 66, ist Wissenschaftsjournalist und Autor. Seine Kolleg*innen und er konnten Anfang November 2014 als erstes Journalist*innenteam weltweit in Fukushima nach der Nuklearkatastrophe drehen.

Wie blicken Sie auf das NIMBY-Phänomen?
Es ist doch menschlich, erst einmal an sich selbst zu denken. Deshalb ist es das Wichtigste, wahres Verständnis zu entwickeln. Ein Beispiel? Die größten privaten Streitigkeiten in Deutschland gibt es unter Wohnungsinhabern wegen Lärm. Auch wenn objektive Messungen keine große Schallstärke ergeben, ist es oft die Psychologie, die die Lautstärke schlimmer erscheinen lässt, als sie tatsächlich ist. Mag ich meinen Nachbarn, toleriere ich auch mal lautes Geschrei; mag ich ihn nicht, registriere ich jedes noch so kleine Geräusch.

Welche Leitprinzipien könnten da weiterhelfen?
Ich wohne unweit des Kölner Flughafens und je nach Wetterlage führt die Einflugschneise über unser Grundstück. Ich könnte mich aufregen und protestieren – andererseits steige ich ja selbst öfter ins Flugzeug. Im Englischen gibt es dafür das Sprichwort: „You can’t have your cake and eat it“. Dann gibt es auch noch das US-amerikanische „What’s in it for me?“ Und man sieht ja: Wenn Windparks genossenschaftlich betrieben werden, sind die Menschen viel eher bereit, sie in ihrer Nähe zu akzeptieren.

Inwiefern hilft Wissenschaft?
Wissenschaft kann Entscheidungsgrundlagen liefern. Aber sie ist längst nicht alles: Zum einen gibt es auch unter Wissenschaftler*innen Opportunitäten. Zum anderen berücksichtigt die rein wissenschaftliche Sicht nicht das gesellschaftliche Miteinander – das hat Corona schmerzlich gezeigt. Und zuletzt: Menschen verhalten sich oft nicht rational, sehen Sie sich nur einmal die immer größer werdenden Autos in Deutschland an.

Aquarellzeichnung: Kopf eines Mannes mit kurzen schwarzen Haaren, die leicht ins Gesicht hängen.
Illustration: Lauren Tamaki
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